Die Antike hat das kulturelle, politische und religiöse Umfeld in Südosteuropa über Jahrhunderte hinweg stark geprägt. In der Forschung ist sie damit ein Schlüsselthema zum Verständnis der regionalen Ausprägung der Aufklärung während des langen 18. Jahrhunderts. Die Kultur(en) und Traditionen der Antike hatten eine komplexe Wirkung auf diesen heterogenen und politisch fragmentierten Teil Europas, der in dieser Periode von drei Großmächten – dem Osmanischen Reich, der Habsburgermonarchie und der Republik Venedig – beherrscht wurde. Das gemeinsame antike Erbe, das sich in einigen Teilen der Region auch heute noch offenbart, trug so beispielsweise auch dazu bei, dass Spannungen überwunden werden konnten. Andererseits belastete auch die Trennung in römische und griechische Einflusssphäre die ohnehin schon gespannten interkulturellen Beziehungen zusätzlich. Diese Ausgabe legt ein besonderes Augenmerk auf die Rolle des materiellen und immateriellen Erbes in der Aus- beziehungsweise Umformung von Identität, besonders im Bezug auf die christlich-orthodoxe und die griechisch- katholische Tradition. Das SOG18-Jahrbuch Nr. 6 verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und wendet sich daher an Forscher*innen aus Disziplinen wie Literaturwissenschaften, Übersetzungswissenschaften, Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte, Geistes- und Ideengeschichte, um die Differenziertheit der europäischen Aufklärung(en) zu betonen.
Die zu behandelnden Themen sind:
- Die Rolle von Hellenismen und Latinismen im multikulturellen und mehrsprachigen Milieu Südosteuropas während des langen achtzehnten Jahrhunderts.
- Die Antike und die (Re-)Konstruktionen von Identität: Die Verwertung des klassischen Altertums in Diskursen zur Nationenbildung.
- Mythen der goldenen Vergangenheit und ihre Instrumentalisierung im kulturellen und politischen Kontext der Epoche.
- Rezeption und (kulturelle) Übersetzung der Antike. Austausch durch Netzwerke: Autor*innen, Übersetzer*innen, Druckereien, Antiquar*innen und Sammler*innen.
- Auf der Suche nach der Antike: Archäologie, Reisende und Reiseberichte, antike Stätten und Ruinen als Topoi in literarischen, künstlerischen und historischen Werken.
- Die Geschichtsschreibung nach klassischen Vorbildern: Warum die antiken Vorbilder? Wie wurden sie verstanden und nachgeahmt?
- Wiederbelebung der Antike in Kunst und Architektur.
Das SOG18-Jahrbuch Nr. 6 will einen Beitrag zur Erforschung des langen achtzehnten Jahrhunderts in einer der damals vielleicht dynamischsten Regionen Europas leisten. Der Schwerpunkt wird dabei auf der Rolle der Antike in der Aufklärung und ihrer Vielfalt liegen. Autor*innen, die einen Beitrag zu dieser Ausgabe leisten möchten, werden gebeten bis zum 30. August 2022 einen Abstract an sog18@uni-graz.at zu senden.
Anfang Oktober 2022 werden die Beitragenden darüber informiert, ob die Einsendungen angenommen wurden.
Die Einreichung von Beiträgen wird bis spätestens 1. Juni 2023 erbeten; die Ausgabe wird nach der Begutachtung und Bearbeitung Ende 2023 online veröffentlicht.